Anders als bei den vorhergehenden Filmen der Reihe “Kraft der Lokalen“, “Das Wunder von Mals” mit Felix und “Zeit für Utopien” mit Aaron und Till, konnte ich diesmal direkt mit den Filmproduzenten sprechen.
Samuel, freischaffender Journalist, der sich überwiegend mit Themen in Bezug auf Umwelt und nachhaltige Entwicklung befasst, erzählte Esther, Grafikdesignerin und Filmemacherin, bei einem Mittagessen von seinem Vorhaben. Es ist 2015 und er will nach Paris, um die historische Klimakonferenz COP21 zu dokumentieren, die zu einem neuen internationalen Klimavertrag führen soll. Das Mittagessen findet zwei Wochen davor statt und Esther ist sofort Feuer und Flamme für die Idee, Samuels Vorhaben filmisch zu begleiten.
Die beiden haben nicht die offizielle Klimakonferenz innerhalb der Hallen dokumentiert, sondern die zivilgesellschaftlichen Aktivitäten auf der Strasse.
Die Klimakonferenz in den Pariser Strassen
Tausende Aktivisten, Gruppen verschiedenster Art, Workshops, Präsentationen, Flash Mobs – alles fand auf den Pariser Strassen, abseits der Diskussionen der Konferenzteilnehmer statt. Esther und Samuel zeigen in ihrem Film “The Climate Changers”, eindrucksvoll und teilweise sehr ergreifend, die Stimmen und Motive derjenigen, die Handeln und sich nicht mehr nur Gedanken machen wollen. Gedanken um ca. 26 Millionen Klimaflüchtlinge pro Jahr, gravierende ökologische Konsequenzen des Klimawandels wie Fluten, Dürren und Stürme sowie über mögliche Lösungen, die jeder Einzelne umsetzen kann.
Man hat den Eindruck, dass die Leute auf den Strassen von Paris die Dringlichkeit der Situation verstanden haben und statt nur zu diskutieren, auch handeln wollen. Und zwar jetzt.
Klimawandel ist schon lange kein rein ökologisches Problem mehr. Es betrifft Umwelt, Wirtschaft und Menschen in gleichem Ausmass. In diesem Zusammenhang fällt oft das Wort “Klimagerechtigkeit“.
Studenten, Fracking-Geschockte und –Geschädigte, Gläubige, Blogger, Journalisten, Interessierte, Engagierte, Aktivisten, Idealisten. Ihre Projekte und Motive sind so unterschiedlich, dass man kaum glauben kann, dass sie alle auf verschiedensten Wegen ein gemeinsames Ziel verfolgen und sich darüber absolut einig sind:
Für Klimagerechtigkeit sorgen und die Welt vor einer Erwärmung von über 1.5 Grad bewahren.
Wenn nicht wir, wer dann?
Ob “Sustaina Clause”, Zero-Waste-Aktivist aus Afrika, Ex-Politiker von den Philippinen, #muslims4climate, Gegner des Damm-Baus in Brasilien, Unterstützer der indigenen Gruppen in Indonesien oder bekannte Künstler – alle wissen um die Klima-Problematik und keiner von ihnen stellt sich überhaupt noch die Frage ob oder was man machen sollte – Lösungen müssen her.
Die Bilder, Worte und Stimmungen, die Esther und Samuel im Film “Climate Changers” festgehalten haben sind eindrücklich und motivierend. Doch im Laufe des Films kommt die Frage auf: Was bleibt davon? Wie kann diese Aufbruchsstimmung aufrechterhalten werden? Vor 3 Jahren standen alle Zeichen auf Hoffnung. Heute, kurz vor der nächsten Klimakonferenz in Polen, mit einem amerikanischen Präsident, der den Pariser Vertrag kündigen will, vielen konservativen politischen Bewegungen, die uns an eine düstere Zeit erinnern und einer Wirtschaft, die es noch nicht schafft ein langfristiges Denken zu entwickeln, machen sich Frust und Ernüchterung breit.
Wenn ich so darüber nachdenke – das ist irgendwie immer so mit wichtigen Dingen. Sie fallen einem nicht in den Schoss. Man muss sich anstrengen, beharrlich sein, durchhalten. Es wird immer, in jeder wichtigen Sache unseres Lebens, Höhen und Tiefen geben. Das ist völlig normal. Wichtig ist einzig und allein nicht aufzugeben. Den Idealismus am Leben zu erhalten.
Diese – ja man könnte schon fast sagen Lebensweisheit – lässt sich auf das gesamte Leben anwenden. Auch ich muss mich immer wieder motivieren engagiert zu bleiben und mich nicht auf die faule Haut zu legen und mir dabei zu denken: “Die anderen kümmern sich schon darum.”
Es kommt darauf an, ob wir alle Climate Changers werden oder nicht
Die Euphorie von Paris mag verflogen sein, doch durch “Climate Changers” werden wir daran erinnert und bleiben motiviert. Die regionalen Bewegungen bestehen weiterhin. Esther und Samuel werden bald ein weiteres Filmprojekt abschliessen, BaselWandel wird viele weitere Projekte unterstützen, die Lebensmittelkampagne wird Kleinbauern gerechte Preise ermöglichen und der Hambacher Forst wird nicht abgeholzt.
Was einzelne Personen erreichen können, zeigen nicht nur die Vorbilder des AUE, sondern auch Esther und Samuel in ihrem nächsten Film. Die beiden haben David Höner, den Gründer von “Cuisine sans frontières” (Küche ohne Grenzen) bei seiner Arbeit in Ecuador begleitet. Sie zeigen die Zerstörung durch die Erdölindustrie im Amazonasgebiet und fragen nach möglichen Alternativen. Zugleich porträtieren sie einen Mann, der mit einer Idee, seiner Erfahrung und einem Netzwerk von lokalen Helfern Alternativen für die indigenen Gruppen vor Ort schaffen will.
“Es braucht viele kleine Teilchen, die sich bewegen, damit das Wasser zu kochen beginnt” Esther Petsche
Gesellschaftlicher Wandel vollzieht sich nicht durch ein Wochenende vollgepackt mit Demonstrationen, ein paar Klimakonferenzen oder vielen grossen Worten, die zu Lebensweisheiten zusammengeschmiedet werden.
Nein. So funktioniert das leider nicht.
Es ist, wie schon gesagt, nicht so einfach. Wandel ist manchmal leise, manchmal laut. Mal macht er grosse Sprünge, oft kleine Schritte. Das Wichtigste, was einen Wandel per Definition ausmacht, ist langanhaltende Veränderung. Ein langer Atem. Nicht aufgeben. An das glauben, was man tut und für was man sich einsetzt. Wenn wir das in unserem Leben durchziehen und der nächsten Generation glaubwürdig mitgeben können – dann denken ich haben wir alle eine Chance.
Um “Sustaina Clause” aus dem Film sinngemäss zu zitieren:
“Es geht um dich und das was du mit deinem Leben machst.”
Egal wofür euer Herz schlägt, bleibt dran!
Eure Kimi