Das Multitalent Wald – KimiB.Good #6

Wald und Nachhaltigkeit

Im Wald liegt der Ursprung des Nachhaltigkeits-Gedankens: 1713 veröffentlichte Carl von Carlowitz das erste forstwirtschaftliche Werk überhaupt. Carlowitz forderte darin erstmals eine vernünftige Nutzung der Wälder. Er verlangte, dass immer nur soviel Holz geschlagen werden sollte, wie durch nachfolgende Aufforstung nachwachsen könne. Die Forderung eine Ressource nur in solchem Ausmass zu nutzen, dass sie sich eigenständig wieder regenerieren kann, also nicht übernutzt wird, liegt heute jedem, zumindest ökologischen Nachhaltigkeits-Gedanken zu Grunde.

Landschaftsfoto eines Waldes in dem Bergen

Der Wald ist mehr als ein Naherholungsgebiet – Ökosystemdienstleistungen

Im Wald begann also der Wandel hin zur Nachhaltigen Entwicklung. Jedoch hat der Wald nicht nur deshalb für mich persönlich eine grosse Bedeutung. Ich habe gefühlt meine halbe Kindheit in Wäldern verbracht, dort Tiere und Pflanzen beobachtet, im Dreck gespielt und meiner Fantasie freien Lauf gelassen.

Der Wald bietet jedoch viel viel mehr als nur Erholung und Spielstätte. Der Wald ist Lebensraum für viele verschiedene Pflanzen und Tiere und trägt damit massgeblich zur Biodiversität bei. Die Leistungen, die der Wald für uns erbringt, lassen sich gut mit den vier sogenannten Ökosystemdienstleistungen beschreiben. Diese Leistungen umfassen alle den Menschen Nutzen stiftenden Wirkungen ökologischer Systeme.

  • Versorgungsleistungen: Der Wald stellt uns natürliche Ressourcen zur Verfügung, wie zum Beispiel Holz und Nahrung.
  • Regulierungsleistungen: Der Wald reguliert das Klima und den Wasserhaushalt weltweit und sorgt für die natürliche Reinigung von unserer Luft.
  • Unterstützende Dienstleistungen: Der Wald bildet unter anderem durch die herunterfallenden Blätter, die durch Mikroorganismen zersetzt werden, einen Teil des Bodens und liefert damit Nährstoffe für neue Pflanzen, Bäume, Organismen und Tiere. Die Bäume sorgen durch die Festigung des Bodens durch Wurzeln und ihre Stämme für Schutz vor zum Beispiel Lawinen und Erdrutsche. Die wichtigste unterstützende Dienstleistung des Waldes bzw. der Bäume ist aber sicherlich die Primärproduktion. Die Primärproduktion ist vereinfacht gesagt die Produktion von Biomasse (Pflanzenwachstum) durch Pflanzen und Bäume mithilfe von Sonnenlicht. Dieser biochemische Prozess  bildet die Basis für den organischen Kohlenstoffkreislauf, also auch die Kohlenstoffspeicherkraft des Waldes und läuft im Wald über die Photosynthese ab. Bei der Photosynthese wird Lichtenergie in chemische Energie umgewandelt, die wiederum zum Aufbau von Kohlenhydraten mittels CO2 und Wasser verwendet wird. Um hier abzukürzen und es zu vereinfachen kann man sagen, dass die Photosynthese für unsere Nahrung und unseren Sauerstoff sorgt. Also ziemlich wichtig.
  • Kulturelle Dienstleistungen: Dieser Punkt beinhaltet den Freizeit- und Erholungswert eines Waldes.

Allein durch die Betrachtung der Leistungen eines Waldes wird deutlich, wie wichtig Wälder für unser Überleben sind.

Speziell für die Wälder in der Schweiz gibt es noch weitere Zahlen und Fakten.

Nahaufnahme einer Pflanze an einem Baumstamm

Veränderung der Waldflächen

Die Fläche an Wald, die Europa und andere Teile der Welt bedeckt, hat sich jedoch im Laufe der Zeit stark geändert. Nach grossen Abholzungswellen im Mittelalter haben sich die Waldflächen in Europa ab 1900 vergrössert. Über das 20. und 21. Jahrhundert hat sich die Waldfläche in Europa um 1/3 vergrössert – wahrlich eine gute Nachricht. Man hat, auch dank Carlowitz, nicht nur erkannt, dass die Wälder und somit die Ressource Holz geschont werden muss, sondern hat auch das Material Holz in manchen Produktionen durch moderne Materialien ersetzt. Durch anhaltende Aufforstung und Umstrukturierungen der Agrarpolitik ergrünt Europa aufs Neue.

Es gibt jedoch einen Wermutstropfen: Die neuen Wälder sind ökologisch gesehen verarmt. Sie beherbergen weniger Arten, durch das anhaltende Wachstum unserer Städte werden natürliche Lebensräume voneinander getrennt und das Asphaltieren versiegelt den Boden, sodass Wasser nicht mehr versickern kann und es häufiger zu Überschwemmungen kommt.

Wald mit Nebel

Wald und Klima

Abgesehen von der Artenvielfalt hat das Wachsen und Schrumpfen unserer Wälder einen direkten Einfluss auf unser Klima, durch Austausch von Kohlenstoff mit der Atmosphäre. Wälder nehmen COdirekt aus der Atmosphäre auf, um zu wachsen. Bei der sogenannten Veratmung geben sie einen Teil davon wieder ab, weitere Teile werden bei der Verrottung von Pflanzenteilen freigegeben. Bäume, die wachsen nehmen mehr Kohlendioxid auf, als sie abgeben. Bei absterbenden Bäumen oder durch Abholzung und Brandrodung wird jedoch mehr CO2 frei als zuvor von den Bäumen verbraucht wurde.

Vorgänge der CO2 Speicherung im Wald
Quelle: Wiki Bildungsserver 2011

Unterschiedliche Wälder – Vegetationszonen

Wenn wir über das globale Klima sprechen, reicht es allerdings nicht, nur über den Europäischen Wald zu sprechen. Es gibt unterschiedliche Arten Wälder auf der Welt – je nach Vegetationszone:

Weltkarte mit Vegetationszonen
Quelle: Wikipedia 2007

Es gibt Wälder, die durch ihre aktuelle Übernutzung eine grosse Gefahr für unser globales Klima darstellen. Dazu gehören der Regenwald im Amazonasbecken, Regenwälder in Asien, vor allem Indonesien und die Borealen Wälder die von Alaska und Kanada über die skandinavischen Länder bis nach Russland an das Beringmeer reichen und nach dem Regenwald das zweitgrösste Waldökosystem der Welt darstellen.

Im Amazonasbecken und Indonesien ist der Regenwald durch konkrete Gefahren bedroht:

  • Ausweitung der Rinderzucht
  • Industrielle Produktion von Soja, Palmöl, Papier und Zellstoff
  • Eisenerz und Holzkohle für industriell genutztes Eisen
  • Errichtung von Staudämmen zur Stromproduktion

Flugfoto der Auswirkungen von Waldrodung in Indonesien

Die Borealen Wälder werden zzt. nicht nachhaltig abgeholzt um die industrielle Forstwirtschaft voran zu treiben, Öl zu fördern, Papier, Verpackungen und Bauholz herzustellen. Hier wird nicht auf die, durch die nördliche Lage, längere Wachstumszeit von neuen Bäumen geachtet. Besonders dramatisch daran ist, dass nicht nur Bäume sondern auch der Waldboden dadurch zerstört wird. Der Boreale Waldboden speichert 95% des gesamten Kohlenstoffvorkommens der Erde. Tauen die Böden durch Zerstörung und Übernutzung wird dieser Kohlenstoffspeicher aufgelöst und der Klimawandel in enormem Ausmass vorangetrieben. Quelle: Greenpeace 2018

Aussicht über einen borealen Wald

Rund 31 % der weltweiten Landoberfläche sind mit Wäldern bedeckt – davon liegt mehr als die Hälfte in nur fünf Staaten (Russland, Brasilien, Kanada, USA und China). In weltweit 50 Staaten war im Jahr 2015 mindestens die Hälfte der Gesamtfläche bewaldet, ebenfalls 50 Staaten gelten als waldarm (< 10 %). Die weltweiten Waldverluste schreiten seit Jahrzehnten voran. Allerdings hat sich das Tempo verringert: Während in den Jahren 1990 bis 2000 im Durchschnitt noch 0,18% des weltweiten Waldbestandes pro Jahr verloren gingen (7,3 Mio. ha), waren es im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2015 jährlich 0,08% (3,3 Mio. ha). Dabei sind die Tropen – insbesondere in Südamerika und Afrika – am stärksten betroffen. Seit 1990 ist hier eine Fläche in der Größe Mexikos verloren gegangen (195 Mio. Hektar). Quelle: bpb 2018

In Europa hat ein Umdenken stattgefunden und es schreitet, wenn auch langsam, voran. Erfolge werden sichtbar. Dieses Umdenken muss sich global ausweiten um weitere negative, wenn nicht katastrophale Auswirkungen zu vermeiden. Das Umdenken nicht einfach ist, ist klar – aber niemand hat gesagt, dass es einfach ist die Welt zu retten.

Ein Besuch im Wald

Ich will mit diesen Fakten kein Gefühl der Hilflosigkeit vermitteln. Doch mir ist es wichtig, nachdem ich diese Fakten recherchiert habe, dass ich sie uns allen ins Bewusstsein rufe. Was ihr damit anfangt ist natürlich eure Sache aber vielleicht regt es dazu an, beim nächsten Kauf, der mit Holz oder Produkten wie Palmöl oder Soja zu tun hat, zweimal nachzudenken.

Foto von einem Weg im herbstlichen Wald

Um zurück zu dem Wald vor unserer Haustür zu kommen, möchte ich euch bestärken: Geht raus, stattet dem Wald in eurer Umgebung einen Besuch ab und geniesst ihn in vollen Zügen. Damit wir ihn alle geniessen können, lohnt es sich aufeinander Rücksicht zu nehmen und gewisse Spielregeln einzuhalten, damit wir alle lange etwas von unserem Wald haben.

Ich bin dann mal spazieren 🙂
Eure Kimi

 

Weiterführende Link

Doku-Serie – Unsere Wälder (TerraX)
Zertifizierung im Wald – FSC und PEFC
Wald Schweiz – Verband Waldeigentümer
Waldflächen in der Schweiz 
Ab in die Wälder – Schweizer Tourismus
Wald und Holz – Bundesamt für Umwelt

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